SBA-THUN
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Entscheidungen kantonaler Gerichtsbehörden 04.05.1998
Berner Verwaltungsgericht lehnt Einsprachen ab

Bern, 4. Mai (sda) Die Schwelbrennanlage (SBA) in Thun kann gebaut werden. Das Berner Verwaltungsgericht hat am Montag Einsprachen der Gemeinde Hilterfingen und von Anwohnern abgelehnt. Die Einsprechenden bestritten den Bedarf einer neuen Kehrichtverbrennungsanlage und befürchteten Umweltimmissionen. Die Sitzung des Verwaltungsgerichts erfreute sich eines noch nie dagewesenen Interesses. Erstmals in der Geschichte des Gerichts musste die Sitzung aus Platzgründen in den Assisensaal des Berner Amthauses verlegt werden. Rund 100 Interessierte und Behördenmitglieder folgten der Verhandlung. Das fünfköpfige Richtergremium, das seinen Entscheid einstimmig fällte, machte geltend, dass der Bedarf für die SBA nachgewiesen sei, da die Menge brennbarer Siedlungsabfälle in den nächsten Jahren nicht mehr weiter zurückgehen werde. Das kantonale Abfall-Leitbild sehe zudem den Verbund der Kehrichtverbrennungsanlagen (KVA) Bern, Zuchwil (SO) und Thun vor. 31 Standorte geprüft.

Die SBA in Thun ist auf eine Verbrennungskapazität von 150 000 Tonnen pro Jahr ausgerichtet. Bei der Standortevaluation hat der Regierungsrat 31 Möglichkeiten geprüft. Der Standort Thun hat sich als am geeignetsten herausgestellt. Es verbiete keine Vorschrift, in Siedlungsgebieten eine KVA aufzustellen, hielt Verwaltungsrichter Thomas Merkli fest. Was die zusätzliche Belastung durch Umweltimmissionen der SBA betrifft, so stützte sich das Gericht auf zahlreiche Gutachten und attestierte der Anlage "hinlängliche Sicherheit" und "umweltschutzmässige Vorteile" gegenüber alten KVA. Die Einsprache der Anwohner wurde jedoch in zwei Punkten gutgeheissen: Die Schwelgase müssen vollständig verbrannt werden und im Normalbetrieb muss die SBA die Immissionsgrenzwerte der Luftreinhalteverordnung unterschreiten. Die Schwelbrenn-Methode hat gegenüber herkömmlichen Verfahren den Vorteil, dass sie weniger Schadstoffe ausstösst. Vor Gericht war allerdings nicht bestritten, dass die Methode störungsanfälliger ist als herkömmliche Verbrennungsverfahren. Die Anlage in Thun werde jedoch von den Erfahrungen der SBA im deutschen Fürth profitieren können. Mit Anlaufschwierigkeiten müsse trotzdem gerechnet werden, es handle sich hier aber nicht um eine "Risikotechnik", betonte Merkli weiter. Für "Worst-case"-Szenarien gewappnet

Im Gegensatz zu den Einsprechenden orteten die Verwaltungsrichter keine Gefährdung der Bevölkerung durch die SBA. Für "Worst-case"-Szenarien und andere Störfälle seien sowohl Alarmierungs-als auch Evakuierungspläne gemacht, wurden die im Gericht anwesenden Einsprechenden beruhigt. Das Restrisiko sei so gering, dass es als tragbar bezeichnet werden könne. Die Richter kritisierten aber die Informationspolitik der Berner Regierung. "Der Regierungsrat hätte die Ergebnisse seiner Untersuchungen nachvollziehbar darstellen sollen", erklärte Verwaltungsrichter Frédéric Maeder. Die Berner Regierung hatte die Überbauungsordnung "Schwelbrennanlage SBA", die gleichzeitig als Baubewilligung gilt, am 14. Mai 1997 erlassen. Mit dem Bau der SBA wurde im vergangenen Herbst begonnen, weil so um 22 Mio. Franken höheren Subventionssatz des Bundes von einem mit 84 Mio. Franken profitiert werden konnte. Die Hälfte des 300-Mio.-Franken-Projekts muss die Betreiberin der Anlage, die AG für Abfallverwertung (Avag) selber zahlen. Wann die Anlage allerdings in Betrieb genommen wird, ist noch offen, da der Verwaltungsgerichtsentscheid möglicherweise vors Bundesgericht weitergezogen wird. Die Einsprecher werden den Entscheid darüber am 22. Mai fällen, wie Andreas Lüscher vom Lerchenfeldleist am Montag gegenüber der Nachrichtenagentur SDA erklärte. Bereits vor Bundesgericht hängig ist eine Beschwerde eines Spiezer Bürgers gegen den Kantonsbeitrag an die SBA von 73,4 Mio. Franken.


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12.07.1998