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Berner Zeitung OBERLAND (8. Juni 1999)
3200 Einsprecher gegen KVA

Der Kehrichtverbrennungsanlage bläst ein eisiger Wind entgegen. Über 3000 Personen wehren sich.

*Godi Huber
Mathias Kuhn, Kreisjurist beim bernischen Amt für Gemeinden und Raumordnung, ist dieser Tage nicht zu beneiden. Auf seinem Tisch stapeln sich die Einsprachen gegen die geplante Kehrichtverbrennungsanlage Thun (KVA). Am Freitag war die Eingabefrist abgelaufen, gestern verschaffte sich Kuhn einen ersten Überblick. Laut dieser Bestandesaufnahme wurden zwar lediglich 44 Einsprachen deponiert. Doch die Zahl der Einsprecher ist um ein Vielfaches höher. 3201 Personen hatten die Kollektiveinsprache der Gegnervereinigung Pro Regio Thun unterzeichnet. Sie alle lehnen das Grossprojekt in der Stadt Thun kategorisch ab. Um ein politisches Signal zu setzen, hatten die KVA-Kritiker den immensen Sammeleifer an den Tag gelegt. Das formelle Einspracheverfahren wird damit aber nicht aus der Bahn geworfen. Nach Angaben von Kuhn wird die Kollektiveingabe im Verfahren als eine Einsprache behandelt. Wegen dem einheitlichen Inhalt sei dieses Vorgehen legitim und allgemein üblich. Im Gegenzug will der Kreisjurist auch nicht überprüfen, ob alle an der Sammeleinsprache beteiligten Personen tatsächlich dazu berechtigt wären. Einsprecher müssen volljährig und in besonderem Mass vom Projekt betroffen sein. Bei der KVA Thun ist der Kreis der Betroffenen aber ohnehin schwer zu ziehen.

Statthalter opponiert
Neben Pro Regio Thun haben sich 43 weitere Einsprecher zu Wort gemeldet. Besonders schwer wird die Eingabe von Regierungsstatthalter Anton Genna wiegen. Der höchste Repräsentant des Kantons in der Region Thun hat den stadtnahen KVA-Standort aus der Sicht der Katastrophenvorsorge für untauglich erklärt (die BZ berichtete). Stirbt der Standort, muss das gesamte Thuner KVA-Projekt beerdigt werden.

Zwei Gemeinden dagegen
Zu den Einsprechern gehörden weiter die Seegemeinden Hilterfingen und Oberhofen. Der fehlende Bedarf und die zusätzliche Umweltbelastung sind ihre Argumente. Der Thuner Gemeinderat als Vertreter der Standortgemeinde hat sich mit einer Rechtsverwahrung begnügt. Er verlangt, dass bei den Emissionen die Garantiewerte und nicht bloss die höheren gesetzlichen Grenzwerte eingehalten werden. Bei den politischen Parteien lehnt die SVP Thun die KVA ab. Für die Grüne Freie Liste ist die Anlage zu gross, und die EDU hat sich der Kollektiveinsprache von Pro Regio angeschlossen. SP und FDP mochten sich nicht querstellen. Auf die Hinterbeine stehen dafür die Quartierleiste. Nicht weniger als sechs Leiste (Lerchenfeld, Länggasse, Hohmad, Seefeld, Schwäbis, Bernstrasse) haben eine eigene Einsprache deponiert oder sich der Kollektiveinsprache angeschlossen. Weitere 30 Eingaben stammen von Privatpersonen.

Hohes Tempo
Trotz der grossen Zahl Einsprecher will der Kanton den ehrgeizigen Fahrplan für das Bewilligungsverfahren durchziehen. Bereits in der Woche vom 21. bis 25. Juni sollen die Einspracheverhandlungen durchgeführt werden. Der kantonale Kreisjurist Mathias Kuhn geht nicht davon aus, dass mehrere 1000 Einsprecher zur Verhandlung erscheinen. Die Kollektiveinsprache werde wohl vorab durch die Rechtsvertreter von Pro Regio abgedeckt. Vielleicht landen die KVA-Gegner aber auch hier einen Überraschungscoup? *


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14.06.1999