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BERNER ZEITUNG: OBERLAND (17.02.1999)
KVA: «kein Prestige-Projekt»

Thun. Der Kanton Bern lässt nicht locker. Gestern eröffneten die Regierungsräte Dori Schaer und Werner Luginbühl das Bewilligungsverfahren für das zweite KVA-Projekt.

Volksabstimmung gibt es keine

*Godi Huber
Für die bernische Baudirektorin Dori Schaer gibt es keine Zweifel: «Die heute vorliegenden Daten und Fakten sprechen ganz klar für die Fortsetzung der KVA-Planung in Thun.» Schaer gab gestern den Startschuss für das Baubewilligungsverfahren. Sie eröffnete in Thun die Mitwirkung zum zweiten, nach dem Debakel der Schwelbrennanlage überarbeiteten Projekt für eine konventionelle Rostfeuerung. Damit, so Schaer, sei noch kein Bauentscheid gefällt. Dieser soll im nächsten Herbst fallen. Neue Erkenntnisse würden bis zu diesem Zeitpunkt berücksichtigt. «Ein Grund, über die Bücher zu gehen», wäre laut Schaer beispielsweise, wenn auswärtige KVAs längerfristig einen Verbrennungspreis von 50 Franken pro Tonne anböten. Zurzeit sehe es aber nicht danach aus. Offerten lauteten auf 140 bis 160 Franken, womit der Export zu teuer sei. Die Verhandlungen würden aber weitergeführt.

Sache der Abfallregion
Mit Werner Luginbühl bemühte sich gestern ein zweites Mitglied der bernischen Regierung nach Thun. Er erklärte, dass die KVA auf der Kleinen Allmend für den Regierungsrat «kein Prestige-Projekt bedeutet». Es gehe dem Kanton darum, in der Abfallregion Oberland den Rahmen für eine «sinnvolle Abfallentsorgung» zu schaffen. Wenn der Abfallverband AVAG oder die daran angeschlossenen 150 Gemeinden keine KVA wollten, dann werde das Projekt unverzüglich gestoppt, sagte Luginbühl.

Keine Volksabstimmung
Die Thuner Stimmberechtigten werden allerdings auch über das zweite Projekt nicht abstimmen können. Wie bereits bei der umstrittenen Schwelbrennanlage wird das Bewilligungsverfahren über eine kantonale Überbauungsordnung abgewickelt. Dies schränkt die Rechte der direkt betroffenen Bürger ein, ist aber laut Baugesetz bei überregionalen und kantonalen Entsorgungsprojekten erlaubt. Der Regierungsrat wende dieses Instrument «äusserst ungern» an, erklärte Luginbühl. Im Fall der KVA Thun sehe er aber keine andere Möglichkeit.

Kritik an Preisüberwacher
Hart ins Gericht ging Regierungsrätin Dori Schaer gestern mit dem jüngst vom Preisüberwacher publizierten KVA-Gutachten. Dieses rät ausdrücklich vom Bau der KVA Thun ab (die BZ berichtete). Laut Schaer basiert das Gutachten auf «einseitiger Fragestellung» und «teilweise nicht vertretbaren Annahmen». Der Bund habe denn auch grünes Licht für die Weiterführung der Thuner KVA-Planung gegeben.

Auch Zahlen sprächen zurzeit klar für die Realisierung einer eigenständigen Lösung, rechnete die Baudirektorin gestern vor. Beim Export würden in der Avag-Region zusätzliche Kosten von 5 bis 7 Millionen anfallen, was den 35-Liter-Abfallsack um 30 bis 50 Rappen teurer mache. Der Export verursache zudem einen jährlichen Kapitalabfluss von 15 Millionen und sei ökologisch nachteilig. Laut Ökobilanz würde bei der Exportvariante eine um 50 Tonnen höhere Schadstoffmenge produziert. Einen ersten «Popularitätstest» wird das überarbeitete Thuner KVA-Projekt in der gestern eröffneten Mitwirkung zu bestehen haben. Mit mehreren hundert Eingaben wird gerechnet. Konkret können sich die Bürgerinnen und Bürger der gesamten Abfallregion zum Überbauungsplan und den Überbauungsvorschriften äussern. Die eigentliche Auflage mit der Möglichkeit zur Einsprache ist im Mai vorgesehen. Der Bauentscheid des Regierungsrates soll Mitte September fallen.*


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18.02.1999