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BERNER ZEITUNG OBERLAND (26.10.1999)
SVP-Nationalrätin Ursula Haller

«Ich lasse mir die Meinung von niemandem diktieren»

Ursula Haller will aus dem Grossen Rat zurücktreten und sich im Bundeshaus nicht von Blocher die Meinung diktieren lassen: Interview mit der neu gewählten Thuner SVP Nationalrätin.

*Interview: Godi Huber

BZ: Ursula Haller, bei praktisch jeder Polit-Wahl gehen Sie als strahlende Siegerin vom Platz. Das Erfolgsrezept?
Ursula Haller: So genau weiss ich das auch nicht. Ein erfolgreicher Politiker braucht neben dem Sachverstand eine gewisse Volksverbundenheit. Möglicherweise stimmt bei mir die Mischung.

Thuner Gemeinderätin im Hauptamt, Nationalrätin im Nebenamt und diverse weitere Engagements - die Überlastung ist programmiert?
Aus dem Grossen Rat werde ich zurücktreten, aber erst nach der November-Session. Mein dringlicher Vorstoss zur Gartenbauschule Hünibach wird diskutiert. Da will ich noch dabei sein und für die Schule kämpfen. Ohne Grossrats-Mandat werde ich als Nationalrätin über die Runden kommen. Der Stadtpräsident und der Stadtschreiber haben mir ihre volle Unterstützung angezeigt. Ich werde auch auf eine Stabsmitarbeiterin und die Chefbeamten zurückgreifen können. Ich freue mich enorm auf die neue Aufgabe. Ich habe keine Angst vor der Arbeit.

Wen vertreten Sie in Bern?
Vorab den Kanton. Ich werde aber natürlich auch die Interessen der Stadt Thun und des Berner Oberlandes so gut wie möglich im Auge behalten, etwa in der Rüstungspolitik. Generell liegen mir bei der politischen Arbeit Gewerbe, Tourismus und die Bildung besonders am Herzen.

Als Kritikerin der Kehrichtverbrennungsanlage Thun werden Sie sich in Bern gegen das Projekt stark machen?
Ich werde meine Erkundigungen einziehen, insbesondere zu den noch nicht gesprochenen Bundessubventionen. Es ist so: So weit möglich, werde ich mich in Bern gegen die KVA Thun engagieren. Die Widersprüche bei diesem Projekt sind gross.

Sie scheinen mit Blochers Politik weniger Mühe zu haben als andere Berner SVP-Exponenten. Wie nahe stehen Sie Christoph Blocher?
Das Erste ist eine Behauptung. Ich teile die Meinung von Christoph Blocher nicht immer ...

... Beispiele?
Ich war für die Blauhelm-Initiative, für das Antirassismus-Gesetz und für die erleichterte Einbürgerung der zweiten Ausländer-Generation. Aber ich stehe auch dazu: Es braucht Politiker wie Blocher dringend. Er rüttelt das Volk auf und zwingt zum Nachdenken. Wenn man ihn und die SVP schlecht machen will, wird ein grosser Teil der Bevölkerung beleidigt. Das ist nicht akzeptabel.

Werden Sie im Bundeshaus nach Blochers Pfeife tanzen?
Christoph Blocher ist einer von 44 SVP-Nationalräten. Seine Stimme ist eine von vielen. Ich bilde mir meine Meinung selber. Wenn ich zu einem anderen Schluss komme als Blocher, werde ich diese Position auch vertreten. In vielen Fragen werden sich unsere Standpunkte aber sicher decken.

Wie viele SVP-Bundesräte braucht die Schweiz?
Die Zauberformel ist kein Tabu mehr. Die Frage, ob künftig zwei SVP-Vertreter in den Bundesrat gehören, muss diskutiert werden. Als Neuling in Bern halte ich mich bei dieser Debatte aber zurück.

Ursula Haller als Bundesrätin? Vision oder Nonsens? Da muss ich ganz laut lachen. Mein Selbstbewusstsein ist zwar durchaus intakt. Aber ich bin auch ein realistischer Mensch. Vor jeder neuen Aufgabe überlege ich mir sehr gut, ob ich diese bewältigen will und kann.

Also Nonsens?
Bundesrätin ist im Moment überhaupt kein Thema.*


TALK TO US
15.11.1999