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HandelsZeitung: 3. April 2002, Nummer 14
Sanieren ohne Ende

ALTLASTEN - Die Sondermülldeponie in Kölliken ist der grösste und teuerste Sanierungsfall der Schweiz. Immer dabei war das Ingenieurunternehmen CSD.

Böses Frühlingserwachen für die Aargauer Steuerzahler: Dieser Tage kündigte ihnen die Regierung zur Finanzierung der Sondermülldeponie Kölliken (SMDK) und der Lehrerpensionskasse eine auf 10 Jahre befristete Steuererhöhung von 2% an. "So finanziert die heutige Generation die Versäumnisse der früheren Generation", meinte der Regierungsrat zum ungewöhnlichen Schritt.

196,6 Mio Fr. kostet die Sanierung der SMDK allein in den Jahren 2002 bis 2006. Davon entfällt auf den Kanton Aargau gemäss seiner Beteiligung von 41,66% an der SMDK ein Anteil von 82 Mio Fr. Den Rest haben der Kanton Zürich (ebenfalls 41,66%), die Stadt Zürich (8,33%) und die Chemische Industrie Basel (8,33%) zu berappen.

Dickes Ende
Das dicke Ende allerdings folgt erst noch: Der vollständige Rückbau der SMDK, mit dem die Verantwortlichen im Jahr 2006 beginnen wollen und der 2015 abgeschlossen sein soll, wird nochmals rund 350 Mio Fr. verschlingen, für den wiederum zu 90 % die Aargauer und Zürcher Steuerzahler aufkommen müssen. Sie können von Glück sprechen, dass es "nur" 350 Mio sind: Hätte das Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (Buwal) nicht den Export des exhumierten Sondermülls ins Ausland bewilligt, wären die Kosten für die Entsorgung im Inland gemäss Studien auf rund 1 Mrd Fr. gestiegen.

Die Steuerzahler werden für die Sünden der Vergangenheit zur Verantwortung gezogen - einer Verantwortung, die sie in der Regel nie bewusst wahrnehmen konnten. Denn gerade das Beispiel der SMDK zeigt, wie sich ungenügendes Fachwissen, Schlampereien und Nachlässigkeiten, fehlende Kontrollen und organisatorische Schwächen zu einer Zeitbombe mit unbekannten Risiken entwickeln.

"Skandalöse Geschichte"
Die "skandalöse und für unseren Kanton beschämende Geschichte der SMDK" (so die Sprecherin der SP-Fraktion im Aargauer Grossen Rat) begann Mitte der 70er Jahre, als das Ingenieurbüro Colombi, Schmutz, Dorthe (CSD) feststellte, die ehemalige Tongrube in Kölliken eigne sich für die Lagerung von Sonderabfällen. Doch die Grube war, wie sich während des Betriebes herausstellte, nicht dicht. Die rund 250000 m3 giftigen Sondermülls gefährdeten trotz gegenteiliger Beteuerungen der Betreiber Menschen und Umwelt, vor allem das Grundwasser. 1985 wurde die Deponie geschlossen. Seither ist die SMDK nur noch mit der Sanierung beschäftigt und hat dafür 120 Mio Fr. aufgewendet.

Das vollständige "Auspacken" der Deponie ist das Ergebnis eines internationalen Wettbewerbs, den die Verantwortlichen im Hinblick auf eine Gesamtsanierung ausgeschrieben hatte. Der Wettbewerb war indirekt auch eine Folge der Kritik an der engen Zusammenarbeit der SMDK mit dem Berner Ingenieurunternehmen CSD, das immer in beratender Funktion massgeblich an Kölliken beteiligt war (Grundlagenstudie, Bau, Betrieb, Sanierungsprojekte). "Auch wenn die CSD über ein grosses Sachwissen verfügt, spielte sie immer eine undurchsichtige Rolle", hatte eine Parlamentarierin im November 1999 im Aargauer Grossen Rat gesagt.

SMDK-Geschäftsleiter Jean-Louis Tardent hält die Kritik an CSD für unberechtigt und spricht von einem "gegenseitigen Vertrauensverhältnis". Und Ernst Schläppi, seit Juni 2001 Verwaltungsratspräsident der CSD Holding, vergleicht das Verhältnis zwischen der Deponie und Ingenieur mit jenem zwischen Hausarzt und Patient: "Wer einen Menschen kennt, kennt auch seine Probleme und kann ihm deshalb Lösungsvorschläge machen." Wobei man im Fall der SMDK nicht vergessen dürfe, dass man gemeinsam einen Lern- und Erfahrungsprozess durchgemacht habe. Schläppi betont jedoch, dass bei derartigen Grossprojekten die Rollen der Beteiligten klar definiert würden. Heute sei sein Unternehmen in Kölliken nur noch in zugewiesenen Teilprojekten tätig.

Der Seitenwechsler
Für das Gesamtsanierungsprojekt zuständig ist jetzt Reto Conrad. Er war bis im Vorjahr CSD-Verwaltungsratspräsident, ist mittlerweile aber aus dem Unternehmen ausgeschieden. Ernst Schläppi über seinen Vorgänger: "Er ist der intimste Kenner der Sondermülleponie in Kölliken."

Synes Ernst

Unberechenbare Abfallwirtschaft
Sanieren ohne Ende
Müll-Tourismus auf Umwegen
Hausaufgaben sind erledigt
Clearingstelle Schweiz
Deutschland - Stürzt die Regierung?
Energie: Bern setzt auf Contracting
International: Feuertaufe für Vorzeigemüllofen


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08.04.2002